GRASWURZELRUNDSCHAU
Kirchentag
Buch 26. Mai 2021
Offener Brief an:
Dr. Georg Bätzing
Bischof von Limburg
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
Domplatz 765549 Limburg
Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Vorsitzender des Rates der EKD
Herrenhäuser Str. 12
30419 Hannover
Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Georg Bätzing,
Sehr geehrter Herr Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
,,Schaut hin‘‘
3. Ökumenischer Kirchentag 2021 in Frankfurt/M.
Zunächst sah alles sehr gut aus!
Diesmal:
Ohne Militär-Gottesdienst
Ohne Bundeswehr-Musikkorps
Ohne Werbestände der Militärseelsorge
Ohne Bundeswehr-Werbung
Das waren sehr gute Entscheidungen!
Für mich ist es aber völlig unverständlich NATO- Generalsekretär Jens Stoltenberg eine Plattform auf dem Kirchentag zu geben, um die Strategie der Nato zu präsentieren und zu rechtfertigen. Hierzu ist es sehr wichtig zu verstehen, dass es das Militärbündnis NATO gar nicht mehr geben dürfte.
Dem ist aber leider nicht so und ich versuche mit dem folgenden zitierten Text darzulegen was geschehen ist:
,,In der Charta von Paris mit der die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa am 21. November 1990 endete, erklärten die Staats- und Sicherheitschefs der Sowjetunion, der USA, Kanada und 32 europäischer Staaten die Spaltung Europas für beendet, verpflichteten sich zur Demokratie als einzige legitime Regierungsform und sicherten ihren Völkern die Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu.
Ein neues europäisches Sicherheitssystem sollten die NATO und den Warschauer Packt ersetzen. Gorbatschow sprach von einem gemeinsamen europäischen Haus, in dem auch die Sowjetunion Wohnrecht erhalten sollte.
Bei den Verhandlungen im Februar 1990 ging es um die Zustimmung der Sowjetunion zur Wiedervereinigung Deutschlands und um die Ausdehnung der NATO auf das Gebiet der ehemaligen DDR. Dabei sei der Verzicht auf jegliche weitere Ausdehnung der NATO nach Osten – allerdings nur mündlich – zugesagt worden. Es kam zu dem ,,Wunder‘‘ der Deutschen Wiedervereinigung.
Im Juli 1991 wurde der Warschauer Pakt, das Freundschafts- und Verteidigungsbündnis der Sowjetunion aufgelöst. Die Sowjetunion zog überall ihre Besatzungstruppen ab – auch aus Deutschland.
Von einer Auflösung der NATO und von einem neuen, gemeinsamen europäischen Sicherheitssystem war keine Rede mehr.‘‘
Welch ein Wort-und Vertrauensbruch!
Welch eine Enttäuschung und Demütigung!
Gorbatschow fühlt sich zu recht vom Westen hintergangen. Seine Gutgläubigkeit wurde schamlos ausgenutzt.
Wer so etwas macht will keinen Frieden, der will Konfrontation, der spielt mit dem Feuer.
Und so kam 1996 Grünes Licht für die Osterweiterung der NATO.
Jetzt steht die NATO an der russischen Grenze und übt den nächsten grossen Krieg.
Denke ich an die beiden letzten grossen Kriege, fallen mir zwei Männer ein, die ich leider nie kennenlernen durfte. Mein Grossvater Johann wurde 1915 und mein Onkel Josef 1944 in den Tod geschickt.
Wenn ich weiter denke: Was wird aus meinem Enkelsohn Jona, der jetzt 2 Jahre alt ist?
Staat, Wirtschaft, Militär und Kirche – Eine unheilige Allianz.
Wie konnte es soweit kommen?
Wie konnte es soweit kommen, das eine Kirche, die das Leben predigt, mit denen , die am Tod verdienen gemeinsame Sachen macht?
Ich kann es mir nur so erklären:
Die Kirche ist mittlerweile so tief in das Staat-u. Wirtschaftssystem verstrickt und dadurch von diesem System auch abhängig, dass sie Ihrem eigentlichen Auftrag, den sie von dem Mann aus Nazareth vor 2000 Jahren bekommen hat, gar nicht mehr gerecht werden kann.
Dieses System, das keine Antwort auf die Frage der Gerechtigkeit hat, lässt sich durch das Mitwirken der Kirchen ihr unchristliches Handeln legitimieren.
Das ist die eigentliche Katastrophe!
Beide Kirchen benötigen einen radikalen Wandel und müssen sich mit dem kapitalistischen
Wirtschaftssystem, einer ,,Wirtschaft die tötet‘‘ ( Papst Franziskus ) auseinandersetzen.
Almosen und caritative Hilfen reichen nicht mehr.
Wir leben heute in einer Zeit zahlreicher Kriege und enormer Aufrüstung. In Europa leben wir seit über 70 Jahren in Frieden, weil wir diese Kriege ausgelagert haben auf andere Kontinente.
Das Auftreten von NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg und Minister a.D. Thomas de Maiziere auf dem 3. ÖkT hat ein grosse politische (auch kirchenpolitische) Dimension.
Ich möchte das dahingehend als positives Signal deuten, dass die Kirchen politischer werden müssen, ganz im Sinne von Papst Franziskus.
Wir können Zukunft nur gestalten, wenn wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.
Es bietet sich gerade jetzt eine gute Gelegenheit Kirche wieder glaubwürdig zu machen zum Wohle der ganzen Menschheit durch:
1. Mutige, dialogfördernde, vertrauensbildende, deeskalierende Maßnahmen.
2. Viel konsequenteere Verurteilung und Ächtung des Rüstungswahnsinns.
3. Aktiver werden gegen eine Politik der Ausbeutung, der Ausgrenzung und der Ungerechtigkeit.
4. Nicht nur Brot für die Welt zu sammeln, sondern eine Antwort geben auf die Frage: Warum wird die Welt nicht satt? Obwohl doch genug für alle da ist!
Mit freundlichen Grüßen
Werner Link
wlin1@web.de